Opel Diplomat A Coupé. Ein Gran Turismo aus Rüsselsheim

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Willkommen an Bord. Die riesige Tür schließt sich mit einem beruhigenden Knall. Sie sitzen auf wunderbar weichen, lederbezogenen Sitzen. Um Sie herum ist Chrom und Holzfurnier. Alles ist schön und geschmackvoll verarbeitet. Die großen Fenster sind alle gewölbt und haben einen sanften Grünton. Das schöne, zweifarbige Lenkrad hat einen verchromten Hupenring. Der verlängerte Tacho geht bis 250 Stundenkilometer.

Dreht man den Zündschlüssel weit weg, erwacht unter der meterlangen Motorhaube der robuste V8 zum Leben. Ein leises Summen aus den beiden Auspuffanlagen und die sich bewegenden Hände auf dem Armaturenbrett zeigen an, dass der Motor läuft.

Sie stellen den Wählhebel auf D und beschleunigen. Mit einem kleinen Quietschen der Hinterreifen schießt das schwere Auto nach vorne. Das Verdeck hebt sich ein paar Zentimeter an und Sie werden fest in Ihren Sitz gedrückt. Nach neun Sekunden erreicht das Messgerät 100 km/h und legt den zweiten und sofort höchsten Gang ein.

Sie befinden sich im größten Flop, den Opel je gemacht hat.

opel diplomat v8 coupé 6

Die großen Drei von Opel

Wir schreiben das Jahr 1964. Bis dahin war der Opel Kapitän stets das Flaggschiff der Nachkriegsmodelle, und mit dem enormen Erfolg des Kapitän P2 – des erfolgreichsten Sechszylinders Europas – beschloss die Geschäftsführung, die Luxuslinie aufzuwerten ein bisschen mehr durch Ziehen. Schließlich gab es in Deutschland ein Wirtschaftswunder! Das kaum zwanzig Jahre zuvor völlig zerbombte Land war blitzschnell wieder aufgebaut, die Armut fast überwunden, die Lebensmittel waren nicht mehr auf dem Kassenbon und von Jahr zu Jahr wurde es besser und besser. Immer besser! Der Kapitän wurde nun zum Einstiegsmodell der „Großen Drei von Opel“: ​​Darüber standen der Admiral und der Diplomat. Die KAD-A-Serie debütierte 1964 und wurde von der Presse herzlich aufgenommen. Was für ein schönes Modell, was für ein Raum, was für ein Komfort!

Opel durfte in Detroit viel einkaufen, eine eigene Designabteilung hatte 1964 alle Hände voll zu tun, die acht Karosserien des B-Kadett und den brandneuen Rekord C zu entwickeln. Deshalb hatten die neuen Drillinge eine amerikanische Basis : der Chevrolet Chevy II. 'Nova' von 1962, ein damals sehr modernes Auto, Nachfolger des Monza, mit Heckmotor. Mit dieser „GM-X-Plattform“ bekam der Opel eine fünf Meter lange Karosserie, die so schnittig war wie ein Frigidaire-Kühlschrank, der ebenfalls ein GM-Produkt war. Das Topmodell war der Diplomat 4,7 V8, gedacht als Alternative zum Mercedes 300SE / SEL.

Das Coupé

1966 erschien das Diplomat Coupé. Es gab auch einige Coupés des Vorgängers Kapitän P2 der Firma Autenrieth, doch nun war es Zeit für einen wirklich superluxuriösen zweitürigen Tourenwagen auf Basis des Diplomat. Opel hat dafür besondere Anforderungen gestellt. Um im Top-Segment vorzustoßen, musste dieser Sprössling ultimativen Genuss bieten, mit noch mehr Holz, einer geteilten Rückbank mit Schalensitzen, einem Hardtop-Effekt durch eine fensterschwenkbare B-Säule (sehr schön in Kombination mit einem Vinyldach), sonnenbeständiges Glas und ein getunter Motor. Dieser Motor war der reguläre General Motors 283 (4,7 Liter) Small-Block-V8. Im Coupé leistete es mit etwas Kitzeln 230 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von knapp über 200 km/h. Und Opel hatte der Konkurrenz zuliebe die Vorgabe, dass ihr Coupé mit einer Reisegeschwindigkeit von 200 km/h gefahren werden konnte.

1965 Opel Diplomat V8 Coupé 6

Streit mit Detroit

Und er konnte es nicht. Auf der Dudenhofener Teststrecke und auf der Autobahn wurde der 283er V8 Tag für Tag mit durchgetretenem Gas gefahren und starb. Schwere thermische Probleme, verschlissene Zylinderwände und verbrannte Ventile waren sein Los. Die Deutschen waren „Nicht Zufrieden“, um nicht „schwer enttäuscht“ zu sagen. Und die Amerikaner waren darüber wütend. Dies war einer der besten Motoren der Welt, den sie in Detroit fanden. Es war der Motor-Checker, der in die Taxis eingebaut war und die Tag für Tag im dichten Stadtverkehr bis zu eine halbe Million Meilen weit fuhren, ohne eine Panne zu machen. Der GM Small Block war und ist sprichwörtlich zuverlässig und stark.

Aber das Opel Diplomat Coupé war einfach kein Stadttaxi. Auch kein amerikanisches Familienauto, das nie schneller als 55 Meilen pro Stunde fuhr. Daher wurde nach langem Tauziehen die Wettbewerbsversion des 327 (5,4 l) V8 verfügbar, die in Deutschland eine deutlich geringere Leistung erhielt, um thermische Probleme auf der Autobahn zu vermeiden. Ein Motor mit hartverchromten Zylinderwänden und schwereren Köpfen, gepaart mit einem Powerglide-Zweigang-Automatikgetriebe. Kurzum: Das Diplomat Coupé hat Technik von der Chevrolet Corvette an Bord bekommen.

Von der falschen Familie

Das Opel Diplomat Coupé ging im Sommer 1966 bei Karmann in Stuttgart in Produktion. Der modifizierte Motor hatte 270 PS an Bord. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 210 km/h. Der Preis lag bei 25.500 DM. Ein Betrag, für den der Kunde auch einen Mercedes 300SC kaufen könnte. Was der Kunde umgehend tat.

Was war mit dem Opel los? Naja, eigentlich nichts. Jetzt denken wir, dass es ein sehr cooles, schnittiges Auto mit typischen Stilelementen der 60er Jahre ist, wie den scharfen Linien, dem satten Chrom und dem "Mid Century Modern"-Interieur. Auch technisch gab es wenig zu bemängeln. Aber es war eindeutig ein Amerikaner. Das Handling war nicht sportlich oder gar europäisch, sondern weich, buttrig und vor allem komfortabel. Schön scharf bei hohem Tempo in die Kurve, da mochte dieser Opel mit seiner starren Hinterachse und den Blattfedern nicht. Auch die riesigen Dimensionen waren rein amerikanisch. Es passte nicht oder kaum in die deutschen Parkplätze und Garagen. Hinzu kommt ein Kraftstoffverbrauch von 20 Litern pro 100 Kilometer. 1:5. Super Benzin. Bei Vollgas gab es einen Wirbel im Tank.

Mit dem Diplomat Coupé hat Opel die Lektion „Schuhmacher bleib beim Leisten“ gelernt. Leute, die das Geld und den Ehrgeiz hatten, einen teuren Gran Turismo zu kaufen, würden lieber einen Star oder einen springenden Leoparden auf der Motorhaube sehen als einen Blitz. Die Stärke von Opel lag darin, viele bezahlbare und qualitativ hochwertige Arbeitstiere herzustellen. Reiche sahen darauf herab: Opel gehörte nicht zur Familie.

Nach 347 produzierten Exemplaren zog Opel 1968 den Stecker. Das ganze Coupé-Projekt hatte nur Geld gekostet. Die 1969 eingeführte KAD-B-Reihe wird nicht mehr als Coupé gebaut. Das gab dem Schweizer Autoimporteur Erich Bitter die Möglichkeit, sein eigenes Coupé Diplomat zu entwickeln, das 1974 als Bitter CD das Licht der Welt erblickte. Diese B-Serie bekam ein verfeinertes Fahrwerk, eine leicht geschrumpfte Karosserie und den serienmäßigen 5,4 Liter Small Block oder den 2,8 Liter Sechszylinder CIH. Der Powerglide verschwand im Museum und wurde durch eine Turbo-Hydramatic mit drei Getrieben ersetzt. Die B-Serie war ohne Zweifel das bessere Auto. Aber ohne den Charme des Diplomat Coupés.

Teuerster Opel der Nachkriegszeit

Atemberaubend, wirklich exklusiv, wunderbar zum Cruisen, technisch unverwüstlich und ein solides Anlageobjekt. Viele gute Eigenschaften für einen Klassiker sind in diesem Auto vereint. Von den 347 Coupés gibt es noch etwa die Hälfte. Vielleicht sechzig davon sind in einem wirklich guten oder neuwertigen Zustand, wie das Werksmuseumsexemplar, mit dem die Opel-Führung jahrelang gelegentlich herumgefahren ist.

Ein guter Rolls-Royce Silver Cloud von damals ist jetzt billiger. Ohne 100.000 Euro in der Tasche kann man jedes fahrende Diplomat Coupé vergessen. Für ein gutes und schönes Exemplar richten sich die Preise nach der Stimmung oder dem Grad der Leichtsinnigkeit vermögender Anleger bei exklusiven Auktionen. Und so hat dieser Opel immer noch die angestrebte Zielgruppe erreicht.

 

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5 Kommentare

  1. Ich habe meinen Führerschein in einem Opel Commodore gemacht. eine Kiste von einem Auto, aber eine schöne mit Lenkgetriebe. rückwärts drehen mit Stiften im Umkehrgummi als Hilfe beim Zurückdrehen.
    Rückwärtsfahren ist nicht mehr möglich, denn dann hat man sofort einen keuchenden Audi-Fahrer auf dem Koffer.
    die, wo die Tage, Seide, weich, Sechszylinder. Seufzen. 1967.

  2. ja mit so einem amerikanischen v8 sollte man nie vollgas fahren außer vielleicht um aufzuholen. Ich fahre seit 45 Jahren nichts anderes mehr und das will ich auch nicht. Denn dann werde ich auch so ein MB-, BMW- oder Audi-Typ sein, ich werde nicht gesehen! Auch die HD 74 will nicht mit Vollgas gefahren werden, dann brechen sie genauso schnell wie ein V8. Du wurdest gewarnt.

  3. Ein Freund von mir fuhr damals einen Chevelle, für mich das Urmodell, auf dem das Opel Coupé gebaut wurde. Der Witz war, dass der Chevelle deutlich billiger war und Jahre später noch auf den niederländischen Straßen herumfuhr.

    Einmal bin ich einen Diplomat V8 gefahren. Muss irgendwann in den 70ern gewesen sein. Erfahrung: super! Obwohl die 6-Zylinder-Admirals auch sehr gut fuhren. Sie wurden übrigens in Arnheim als Taxi mit Lenkgetriebe gefahren. Echte kleine Amerikaner.

    PS Olav, du schreibst gut, aber das wussten wir schon. Prost auf dein Wissen!

  4. Nach den beiden Ölkrisen der 70er Jahre gingen die Verkäufe der „Großen Drei“ recht schnell zurück, weil sie nicht wirtschaftlich waren. 1978 verließ der letzte Mastodon die Fabrik und wurde vom Senator und Monza abgelöst.

    Es waren in der Tat sehr hochwertige Autos.

    Aber auch 1980 sind Sie nicht über ein Diplomat Coupé gestolpert. Ich selbst habe in meinem Leben nur einen gesehen, bei einem großen Opel-Treffen um 1985. Ich habe mich sofort in ihn verliebt und das ist nicht weggegangen.

  5. Ende der 80er sah ich sie regelmäßig in Belgien (hauptsächlich das Modell Admiral B) für unter 10.000 Bfr (250 Euro). Es waren hauptsächlich Autos (in gutem Zustand), die mit einer anderen Marke eingetauscht wurden und daher auf den Pflastersteinen nicht mehr getragen werden konnten, obwohl ein Admiral/Diplomat von besserer Qualität und weniger rostanfällig war als Mercedes und BMW. Die Tatsache, dass ich damals keinen Platz hatte, um sie zu verstauen, hat mich immer daran gehindert, einen Kauf zu tätigen. 1987 ließ ich einen rostfreien Chevrolet Impala von 1959 für 250 Euro und 1993 einen Chevrolet Bel Air von 1957 für 3500 und einen sehr schönen Ford Zodiak von 1960 für 3000 Euro (1998).
    Ich bedaure immer noch, dass ich sie damals alle verlassen habe, aber ja, der gesunde Menschenverstand kommt mit dem Alter und in Belgien war das damals alles Schrott.
    Ich habe 1997 auf einer Messe in Gent einen Ford Capri 2.0 V6 im Neuzustand mit 18.000 km für 1800,- gekauft (dieser ist noch TÜV-geprüft)) Dies war neben einem Datsun 280 zum gleichen Preis.
    Anderen Zeiten!

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