Ein besseres Leben – Kolumne

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Herman muss vierzig gewesen sein. Aber das wusste wirklich niemand. Ein großer, ruhiger Junggeselle, in dessen Leben seine Mutter wahrscheinlich die einzige Frau war. Zumindest hatte sie ihn so gut erzogen, dass er gut auf seinen Haushalt und sich selbst aufpasste.

Seine einzigen bemerkenswerten Merkmale waren sein riesiger Schnurrbart und seine stille Leidenschaft für Zweitakter aus der Vorkriegszeit. Er besuchte Motorradmessen und Motorradmuseen. Er hatte auch nie Angst, anderen Hobbyisten zu helfen. Aber weiter? Darüber hinaus war Herman mit einem fast virtuellen sozialen Leben praktisch unsichtbar. Der ewige Mann im Hintergrund. Bei Meetings und Partys hörte er aus der zweiten Reihe zu. Mit einem ordentlichen halb vollen Glas in der Hand. Er ist nie zuerst gegangen. Aber nicht zuletzt. Der Kommentar „Herman, ist er dann weg?“ gehörte jeder Party an, auf der Herman gewesen war.

Bis zu jenem Abend in Woudenberg. Bei einem informell angesetzten Clubtreffen. Da war jemand namens Gemmeke. Mit wachsender Verärgerung sah sie Herman an, der wie üblich aus der zweiten Reihe zuhörte. Dann zerbrach etwas in ihr. Sie ging auf Herman zu, packte ihn am Ellbogen und zog ihn aus seiner Hörposition wie ein Hafenschlepper mit einem Tanker. Fing an, mit Herman zu sprechen. Nach einer Weile fing Herman an zu antworten und die anderen Partygänger blickten überrascht auf das Phänomen eines beschäftigt sprechenden und nachdrücklich gestikulierenden Herman. So hatten sie ihn noch nie gesehen.

Die kleine Gemmeke stand wie ein Fels in der Brandung vor ihm. Eine kleine neugierige Menschenmenge versammelte sich um das Paar. Er hörte Herman sagen: „Aber Sie wollen doch nicht sagen, dass ich deswegen behindert bin? Dann komm mit! Dann zeige ich es dir!" Das ungleiche Paar verschwand im Badezimmer. Die Öffentlichkeit blieb zivilisiert, aber draußen hochinteressiert.

Nach fünfzehn Minuten kam ein herrlich aussehender Herman mit einer strahlenden Gemmeke in seinem mächtigen Gefolge heraus. Hermans riesiger Schnurrbart war verschwunden. Mit seiner langen Oberlippe und seinem wehmütigen Blick ähnelte er im Großen und Ganzen Jaques Brel. Sah zwanzig Jahre jünger aus. Er bekam Schulterklopfer und Komplimente. Als sich die Emotionen beruhigt hatten, zog er sich in seine vertraute zweite Reihe zurück. Ohne Schnurrbart, aber mit Gemmeke an seiner Seite.

Und verdammt, wenn es nicht wahr ist. Seit drei Jahren sind sie unzertrennlich. Und Herman wurde kürzlich in einem Herrenausstatter gesehen. Mit seiner im Hintergrund leuchtenden Gemmeke. Ein Mann ist genau das, was seine Liebe aus ihm macht.

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4 Kommentare

  1. Ich hatte so einen Kollegen; Mitte 40, burgundischer Lebemann, keine Zeit für eine Frau..
    Bis zu diesem einen (tödlichen..?) Urlaub in Thailand; Kollege kam mit einer kleinen hübschen Frau im Arm nach Hause, und ein Jahr später ging das Paar hinter dem Kinderwagen her…
    „Es kann falsch sein“, wie Bredero einmal schrieb.

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